Preisverleihung Der grüne Wanninger 2009 an den Jazz Club Hirsch e.V. und Christian Leitner (Graffiti)

Die Laudatoren Dr. Sepp Dürr und Pfarrer Dr. Mittermeier,Musiker der Jazzband ‚Pony Malta‘

Ich möchte mich ganz herzlich dafür bedanken, dass ich heute eine Lobrede halten darf.Das ist für einen Grünen Politiker in Bayern ein ganz seltenes Vergnügen.So eine Gelegenheit muss man ausnutzen.

Und deshalb will ich zuallererst die Grüne Bezirkstagsfraktion loben.

Auch das ist für einen Grünen Politiker oder eine Politikerin ein seltenes Vergnügen: von der eigenen Partei gelobt zu werden.

Der Grüne Wanninger ist ein wirklich genialer Einfall. Und dass Ihr damit eine langjährige Tradition begründet habt, ist eine herausragende politische Leistung.

Ob Bezirkstage sinnvoll sind, darüber sind sich ja nicht alle immer einig. Aber wer so etwas in die Welt setzt und durchsetzt, wie den Grünen Wanninger, der hat seine eigene Existenz schon gerechtfertigt.

Dazu gratuliere ich Euch, liebe grüne Bezirkstagsfraktion, ganz herzlich!

Der Grüne Wanninger ist ein kleiner, aber namhafter Preis mit einer großen Tradition herausragender Preisträger und Preisträgerinnen. Es ist eine Auszeichnung, ihn zu bekommen, und daher freue ich mich, dass der Grüne Wanninger 2009 an den Jazz Club Hirsch geht.

Herzlichen Glückwunsch!

Der Hirsch ist ein würdiger Preisträger. Er fügt sich nahtlos ein in eine Reihe renommierter Vorgängerinnen und Vorgänger. Der Jazz Club verkörpert allein die ganze Spannbreite der bisher Ausgezeichneten: künstlerische Spitzenleistungen, Bürgerschaftliches Engagement, Integrationsarbeit, Kultur von unten.

Der Verein wurde 1996 gegründet, um Studierenden am Richard Strauß Konservatorium in München die Gelegenheit zu geben, sich live vor Publikum zu präsentieren. Nach kurzer Zeit kamen auch ihre Dozenten dazu, und der Jazz Club konnte so namhafte Musiker wie Thomas Stabenow, Adrian Mears oder auch Peter O’ Mara begrüßen. 

„Mittlerweile“, hat mir der Präsident Günter Janovsky geschrieben, „klopften internationale Künstler an unsere Tür und der Ruf unseres kleinen Clubs verbreitete sich über die neuen Medien und unter den Musikern in ganz Deutschland.“

Im Laufe der Jahre organisierte das Jazz Club Team hunderte von Konzerten in Moosburg, Freising und Landshut, mit herausragenden Jazzmusikern wie Klaus Doldinger, Kenny Wheeler, Roberto di Gioa, Peter Tuscher, Cornelius Claudio Kreusch oder Carolyne Breuer.

 

Dass der Erfolg auf diesem Niveau möglich wurde, erklärt Präsident Janovsky so:

„Der Umstand, dass wir uns in der Nähe von München befinden und dort kaum Spielstätten vorhanden sind, führte dazu, dass Bands aus Köln, Nürnberg, der Schweiz und Österreich und vor allem aus der Bundeshauptstadt Berlin bei uns anklopften und den Moosburger Club in ihre Tourpläne mit einbauten. Auch aus New York kamen Jazzer wie Beat Kästli, Michael Bublath und die Avantgardekünstler der Brooklyner Combo „The Hub“ zu uns. Die Kontakte wurden entsprechend gepflegt und so kam es zu denkwürdigen Konzerten mit Mat Maneri, Abdoulaye Diabate oder der Basslegende Jamalaadeen Tacuma“.

Des war natürlich ein bisschen viel Name Dropping (und ich habe sicher den einen oder anderen Namen daneben tropfen lassen).

Aber das hat einfach sein müssen.

„Alle diese Stars und Starter in die Welt der Musik lieben die coole Atmosphäre, den guten Klang und das fachkundige Publikum im Moosburger Hirschen“, sagt der Präsident stolz.

Und ich finde, er hat allen Grund für diesen Stolz.

 

Der Hirnforscher Gerald Hüther hat neulich in der Süddeutschen Zeitung erklärt, wie die modernen Medien das Gehirn der Nutzer verändert:

„Das Gehirn wird so, wie man es benutzt. Vor allem, wenn man mit großer Begeisterung dabei ist.“

„Wenn Jugendliche den ganzen Tag mit großer Begeisterung SMS-Botschaften verschicken, führt das dazu, dass im Gehirn aus den kleinen Wegen und Nervenverbindungen Straßen werden, auf denen genau dieser Prozess immer flüssiger abläuft. Wir wissen, dass die Hirnregion, die den Daumen steuert, bei Jugendlichen in den vergangenen zehn Jahren viel größer geworden ist.“

„Wer mit SMS beschäftigt ist, kann nicht gleichzeitig im Wald ein Baumhaus bauen oder Geige lernen. Das wären aber bessere Trainingseinheiten für die Herausbildung komplexer Netzwerke im Gehirn.“

Der Hirsch hat nicht erst auf die Ergebnisse der Hirnforschung gewartet.

Er hat auch so das richtige Rezept gefunden:

„Unsere Devise – Jazz live, Eintritt frei – führte dazu, dass immer mehr Menschen,  Jung und Alt einfach mal vorbeischauten, und vom Jazzvirus infiziert zum Stammpublikum wurden.

Der Jazz Club Hirsch beschränkt sich aber nicht nur auf die reine Konzertarbeit, immer wieder werden auch Veranstaltungen wie z.B. „Jazz for Kids“ organisiert und einige junge Menschen fanden in zwanglosem Rahmen ihr Lieblingsinstrument und sind auch dabei geblieben.“

Das ist eine Leistung, die wir gar nicht hoch genug schätzen können:

Kinder und Jugendliche dazu zu verführen, nicht nur virtuell, sondern real aktiv zu werden.

Fernsehen und Internet bedienen laut Hirnforschung zwei menschliche Grundbedürfnisse:

„Eines nach Sicherheit, Zugehörigkeit und Vertrautheit – das liefert das Fernsehen mit den immer gleichen Gesichtern in Nachrichten und Serien. Das zweite Bedürfnis – aktiv mitzuwirken, Aufgaben zu bewältigen und daran zu wachsen – wird durch das interaktive Medium Internet befriedigt. Hier kann man sich selbst in der digitalen Bilderwelt bewegen und diese beeinflussen“, sagt Prof. Hüther.

Aber, und das ist ein großes Aber: „Das Fernsehen ist ja nur die Ersatzbefriedigung dafür, dass man in Wirklichkeit nicht dazugehört. Und das Internet ist nur die Ersatzbefriedigung dafür, dass man tatsächlich keine Aufgaben und keine verlässlichen Beziehungen hat.“

Für beide Grundbedürfnisse bietet sich der Jazz Club ganz real an:

Aus den etwa zweihundert Mitgliedern und den vielen, die sich darüber hinaus zugehörig fühlen, eine Community entstanden.

Und ich bin sicher, dass allein die Existenz des Hirschen auch das Leben in Moosburg verändert hat.

Der Jazz-Club steht zwar nicht im offiziellen Veranstaltungskalender, er ist auf der Homepage der Stadt überhaupt nur schwer zu finden.

Aber wer in einer Stadt wie Moosburg lebt – oder auch in Germering, von wo ich herkomme – hat gegebenenfalls nicht nur das Bedürfnis, sich kulturell zugehörig zu fühlen, sondern vor allem auch:

nicht dazuzugehören.

Was es bedeutet, eine echte Alternative zu haben, zeigt ein kurzer Blick auf den schon erwähnten Moosburger Veranstaltungskalender:

Da findet sich Maibaumaufstellen, Cäcilien-Messe mit jungen Künstlern, Frühlingsfest, Papa-Kind-Backen, Wir backen für den Muttertag, Basteln mit Nudeln, der 7. Moosburger Stadtlauf, ein Konzert des Kammerorchesters Moosburg und ein Flohmarkt.

Ich will das alles nicht gering schätzen.

Aber eine Einrichtung wie der Jazz Club stößt da die Tür zur übrigen Welt ganz schön weit auf.

Zugehörigkeit und Identität: dabei geht es immer auch um Heimat.

Um die Frage, ob jede und jeder in einer Stadt wie Moosburg oder bei uns in Bayern sagen kann: „Hier sind wir daheim“.

Es geht auch um Integration.

„Integration“, schreibt Janovsky, „war für uns nie ein Thema sondern einfach eine Selbstverständlichkeit. Schon seit Beginn gibt es die Reihe „Orient meets Okzident“, wo ausländische Mitbürger mit inländischen auf der Bühne über die Sprache der Musik perfekt miteinander kommunizieren können. Hier kommt es zu Begegnungen türkischer Musiker mit Trommlern und Tänzern aus Afrika oder Akkordeonspielen aus Moldawien, indischen Tablavirtuosen oder auch Didgeridoospielern aus Australien.“

 

Der Jazz Club Hirsch steht also allen offen.

Und er bietet Raum für zwei zentrale kulturelle Bedürfnisse: für Selbstwirksamkeit und Zugehörigkeit, für Selbstentfaltung und Identität.

Dafür, für alle Leistungen, die der Jazz Club in über einem Dutzend Jahren erbracht hat, danke ich ganz herzlich allen Beteiligten, den Sponsoren und den 200 Mitgliedern, der Jazz Club Crew und dem Präsidenten Günter Janovsky!

Danke für Ihren Einsatz und

herzlichen Glückwunsch zum Grünen Wanninger 2009!

 

 

 

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