Rechtsformänderung Bezirkskliniken – Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen
Die Diskussion über eine Rechtsformänderung begleitet uns bereits seit vielen Jahren. Immer wieder gab es in den politischen Gremien und den Krankenhäusern vor Ort Diskussionen hierzu, die aber dann nie in konkrete Beschlüsse mündeten. Erst die Diskussionen in den vergangenen knapp zwei Jahren, die letztlich die Veränderung der Krankenhauslandschaft im gesamten Bundesgebiet widerspiegeln, haben auch beim Bezirk Oberbayern zu einer neuerlichen, fundierteren Diskussion geführt. Wie die meisten von Ihnen/Euch verfolgt haben, hat die Bayerische Staatsregierung, hier an vorderster Stelle das Sozialministerium untersuchen lassen, welche Möglichkeiten es gibt, die steigenden Kosten im Bereich der forensischen Kliniken in den Griff zu bekommen. Hierbei wurde insbesondere auch die Möglichkeit einer vollständigen Privatisierung ernsthaft in den Raum gestellt. Parallel dazu wurden in den vergangenen Jahren viele kommunale Kliniken privatisiert.
Unsere Fraktion hat sich in den vergangenen beiden Jahren sehr intensiv mit dem Thema „Rechtsformänderung der Bezirkskliniken“ beschäftigt. Es gab u. a. Gespräche mit Referenten, die Teilnahme an verschiedenen Veranstaltungen, die Bewertung der Erfahrung anderer Kommunen und Gespräche mit dem Gesamtpersonalrat des Bezirks Oberbayern.
Unsere grundsätzliche Zustimmung zu einer Rechtsformänderung fußt auf diesen Grundlagen. Wir wollen unsere Kliniken langfristig erhalten und die bestehende Versorgungsqualität nicht gefährden. Dies bedeutet auch die Sicherung der Arbeitsplätze. Wir sind davon überzeugt, dass unsere Kliniken nur dann konkurrenzfähig bleiben, wenn sie durch eine bessere strategische Ausrichtung auf „Augenhöhe“ mit Mitbewerbern agieren können. Politik ist hier als Steuerungsgremium für die strategische Ausrichtung
(z. B. weitere Regionalisierung) dringend gefragt, sollte sich aus dem Tagesgeschäft jedoch heraushalten.
Wir verstehen die Bedenken und Ängste der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und nehmen diese auch ernst. Wir sehen insbesondere die Problematik einer sinnvollen Personalvertretung durch die derzeit angedachten strukturellen Veränderungen.
Unser Ziel ist es, in Rahmen der konkreten Satzungsverhandlungen hier entsprechende Verankerungen zu machen. Sollten sich diese nicht realisieren lassen, behalten wir uns jederzeit auch vor, dem Gesamtkonzept nicht zuzustimmen.
Nun zu den Fragen im Einzelnen:
1. Als Grundlage der Entscheidung steht zunächst das Kienbaum-Gutachten zur Verfügung. Eine Weiterentwicklung dessen, eine umfangreiche Prüfung und Bewertung der dort dargestellten Sachverhalte, sowie der Erfahrungsaustausch mit Kliniken, die bereits ihre Rechtsform geändert haben, werden für den Entscheidungsprozess eine wichtige Rolle spielen. Der Beschluss, der bis jetzt im Gesundheitsausschuss getroffen wurde, stellt lediglich eine Vorentscheidung für ein mögliches Modell dar. Es kann sich bei genauerer Betrachtung u.a. der steuerlichen Problematiken, durchaus noch verändern.
2. Die Debatte um die Rechtsformänderung der Krankenhäuser im Bezirk geht nun schon gut 10 Jahre, ein Zeitraum, der leider in den Krankenhäusern nicht zu den erhofften Strukturverbesserungen geführt hat bei steigenden Defiziten. Die Abstimmung zwischen den einzelnen Häusern des Bezirks hat teilweise schlecht funktioniert, bei den Verhandlungen mit den Krankenkassen haben sich die Häuser untereinander Konkurrenz gemacht, anstatt eine gemeinsame Konzeption zu vertreten.
Ein anderer Aspekt ist die derzeit sehr umständliche Vergabepraxis von Bauaufträgen. Hier erhoffen wir die Möglichkeit, wesentlich schneller und kostengünstiger Maßnahmen verwirklichen zu können.
3. Eine endgültige Zustimmung zu einer Rechtsformänderung, machen wir von der Ausgestaltung der Satzung abhängig. Wir Grünen werden den Verbleib im kommunalen Arbeitgeberverband, sowie die Übernahme des TVÖD und eine lange Laufzeit der Überleitungsverträge fordern.
4. An der Qualität der Patientenversorgung wird sich nichts ändern, die Einhaltung der Psych-PV muss gesichert sein. Übrigens die einzige sichere Personalregelung für Pflegepersonal in der bundesdeutschen Krankenhauslandschaft. Entscheidungen des operativen Geschäfts, also ob beispielsweise ein Haus mit dem Tandem-Prinzip arbeitet oder nach dem Delegationsprinzip ist alleinige Entscheidung der Klinik und keine Entscheidung, die in politischen Gremien getroffen werden sollte.
5. Auch für die forensischen Abteilungen wird sich nichts ändern, solange sie in der Entscheidungskompetenz der Bezirke bleiben. Diese Entscheidung trifft der Landtag. Die Bezirke wollen diese Aufgabe behalten und deren Qualität sichern.
6. Konkrete Einsparungen und damit auch die Vorteile für unsere Umlagezahler erwarten wir durch Synergieeffekte bei der Betreuung der technischen Anlagen, beim zentralen Einkauf und hier vor allem bei den Sachmitteln und bei einer sinnvollen Struktur der Medikamentenversorgung für alle Häuser. Ein einheitliches Qualitätssicherungssystem für alle Krankenhäuser und einen verbesserten Wissenstransfer und die Verpflichtung zur stetigen Verbesserung durch den Austausch unter den Einrichtungen durch eine strategische Order soll die gleichbleibende Patientenversorgung in ganz Oberbayern sichern. Mehr lernen voneinander als Konkurrenz zueinander. Dazu gehört auch eine bessere Verteilung der Fachabteilungen z. B. bei der Neurologie.
7. Wir nehmen die Diskussion innerhalb der Belegschaft sehr ernst, verstehen unsere Verantwortung aber in der langfristigen Zukunftssicherung der Kliniken, der Aufrechterhaltung und dem Ausbau regionaler Versorgungsstrukturen und sehen daher im Abwägungsprozess die Notwendigkeit, auch für einzelne grüne Mitglieder und grünnahe Menschen schmerzliche Entscheidungen treffen zu müssen. Zur grundsätzlichen Haltung gegenüber der Anpassung von Gesellschaftsformen sind uns keine gegenteiligen Begründungen bekannt. Die Bewahrung der Tarifgebundenheit ist für uns Bedingung.
8. Für die Sondersituation der Beamtinnen und Beamten der Bezirkskliniken wird ein Kommunalunternehmen gegründet. Auch in diesem Unternehmen gelten die Sozialpläne und der Personalschutz. Wir sind davon überzeugt, dass Frauen mit 3 Kindern sicherlich nicht an erster Stelle bei Versetzungen stehen werden. Veränderungen in der grundsätzlichen Verwaltungsstruktur sind in den vorhandenen Gutachten nicht benannt.
Wir möchten noch mal darauf hinweisen, dass eine Rechtsformänderung keine Privatisierung darstellt, der Bezirk bleibt der 100% Anteilseigener, sei es in einem Kommunalunternehmen, sei es in einer gGmbH. Gerade durch diese Rechtsformänderung hoffen wir eine echte Privatisierung verhindern zu können.
Sollte weiterer Klärungs- und Diskussionsbedarf bestehen, können Sie sich gerne an uns wenden, die mail-Adressen finden Sie unter dem button Bezirkstagsfraktion